Als Mikroplastik werden feste und lösliche synthetische Polymere (Kunststoffe) bezeichnet, die kleiner als fünf Millimeter sind. Diese entstehen durch Zerfall größerer Plastikgegenstände (Sekundäres Mikroplastik) oder werden speziell in dieser Größe zur Anwendung in der Industrie gefertigt (Primäres Mikroplastik).
Mikroplastik in der Natur und dem Menschen
Mikroplastik gelangt zu Millionen Tonnen in die Meere, Flüsse, Seen und in die Luft. Es wurde in vielen Tieren der Meere gefunden. Aber auch in der Luft und in den entlegensten Gegenden der Erde findet sich Mikroplastik. Dies beweise Funde in Proben aus Alpenseen, der Arktis, Antarktis oder den Rocky Mountains. Wir atmen Mikroplastik. Mittlerweile ist bekannt, dass Mikroplastik mit dem Klärschlamm auf Felder aufgebracht wird. Kläranlagen können Mikroplastik nur aus den Abwässern filtern, wenn sie über eine Reinigungsstufe 4 verfügen. Diese besitzen die wenigsten Anlagen. Aus den Kläranlagen gerät der Klärschlamm auf die Felder. Es wurde bereits in Obst und Gemüse gefunden. Aber auch in Mineralwasser, Honig und Bier. Und in verschiedenen Meerestieren. Wir essen Mikroplastik. Zuletzt wurde Mikroplastik auch in den Organen von Menschen nachgewiesen. Zum Beispiel in Spenderorganen oder Lungen. Zudem fanden Forscher heraus, das Mikroplastik die Zellwände des Menschen schädigen können. Forscher gehen davon aus, dass wir wöchentlich ca. 5 Gramm Mikroplastik über Nahrung, Luft und andere Quellen zu uns nehmen. Ungefähr das Gewicht einer Kreditkarte. Und das Mikroplastik gibt seine chemischen Inhaltsstoffe – wie Bispheol A und Weichmacher – in Gewässern und Lebewesen frei. Diese können Krankheiten von Krebs bis Adipositas hervorrufen. Noch fehlen valide Untersuchungen zu den Auswirkungen des Mikroplastiks auf den Menschen. Allerdings ist davon auszugehen, dass die steigende Menge Mikroplastik im Menschen gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge hat. Wenn Mikroplastik erst einmal im Körper ist, verschwindet es nicht ohne Weiteres, wird nicht automatisch wieder ausgeschieden. Chinesische Forscher konnten in Mäusen nachweisen, dass es sich im Darmgewebe, aber auch in anderen Organen wie etwa der Leber anreichert und dort zu Entzündungsreaktionen und Stoffwechselveränderungen führen kann. Der holländische Umweltforscher Albert Koelmans hat ausgerechnet, dass ein Mensch in seinem 70-jährigen Leben rund 50 000 Mikroplastikpartikel anreichern könnte. Diese Kalkulation basiert zwar in erster Linie auf den Anteil, der über die Ernährung aufgenommen wird. Doch im Hinblick auf die inhalierten Plastikpartikel bedeutet sie letzten Endes das Gleiche: Dass sie sich auf Dauer im Organismus zu einem unkalkulierbaren Risiko ansammeln.
Mikroplastik erobert unseren Planeten. Mit dem Mikroplastik hat das Plastozän – das Plastikzeitalter – endgültig Einzug gehalten.
Fehlende Regulierung
Während in vielen Ländern – von den USA bis Schweden – Mikroplastik verboten wurde, ist dies in Deutschland nicht absehbar. Deutschland setzt seit vielen Jahren auf einen Verbotsprozess der EU. Mittlerweile liegt hier eine entsprechende Initiative zum Verbot von Primären Mikroplastik vor. Allerdings muss die Vorlage der EU noch von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden. Die Verbotsvorschläge sehen Übergangsperioden für die Industrie von 5-8 Jahren vor. Flüssiges Mikroplastik und Mikroplastik zur Anwendung in der Industrie werden vom Verbotsprozess ausgenommen. Es ist anzunehmen, dass die Industrie nun massiv auf flüssiges Mikroplastik als Ersatz umstellen wird.
Zum Thema des Sekundären Mikroplastik gibt es erst einzelne Arbeitsgruppen auf der Ebene der EU und des Bundes. Da insbesondere Reifenabrieb und textile Kunststoff-Fasern sehr große Quellen an Mikroplastik sind, ist das fehlende Engagement der Politik absolut zu kritisieren. Maßgebliche technische Innovationen zur Vermeidung von Mikroplastik seitens Reifen und Textil sind laut Industrie erst in Jahrzehnten zu erwarten. Hunderttausende Tonnen Mikroplastik gelangen bis dahin jährlich in der EU und Deutschland in die Umwelt. Wir fordern von der EU Kommission und Bundesregierung eine mutigere und tatkräftigere Realpolitik gegen Mikroplastik. Die Übergangsperioden müssen gekürzt werden, alle Formen von primären Mikroplastik in den Verbotsprozess aufgenommen werden – auch flüssiges Mikroplastik und Industriepellets. Ebenso müssen der Industrie im Bereich des sekundären Mikroplastiks klare, kurzfristige Endpunkte gesetzt werden, in denen noch sekundäres Mikroplastik freigesetzt werden darf. Es müssen zwischenzeitlich wesentlich mehr finanzielle Mittel in die Filtration fließen. Zu nennen ist hier der Ausbau aller Klärwerke mit einer Filterstufe 4 und Reinigungsfilter für Abwässer im Straßenbereich. Natürlich ist die Industrie aufgefordert, eigeninitiativ aus Mikroplastik auszusteigen. Und die Bürger sollten sich informieren und ihren Konsum auf eine Vermeidung von Mikroplastik ausrichten. In letzter Konsequenz bleibt die politische Steuerung allerdings der zentrale Lösungsansatz.